RÜCKBLICK / AUSBLICK ZUM QUARTALSENDE Q II / 2023

Erfreulicherweise haben sich die globalen Lieferketten trotz andauernder Kriegshandlungen in der Ukraine weitgehend normalisiert. Flankiert durch den Rückgang der Energiepreise blieb die Gesamtinflation im Berichtszeitraum zwar deutlich über den Zielkorridoren der Notenbanken, aber zumindest eine Abschwächung ist festzustellen. Aus der Historie heraus dauert es nach einer längeren Phase hoher Inflation in der Regel auch länger, bis der Preisdruck nachlässt. Grund hierfür sind Zweitrundeneffekte wie Lohnerhöhungen. Die führenden Notenbanken befinden sich derzeit mehr oder weniger in einem Trilemma: neben der Inflationsbekämpfung muss unbedingt ein Augenmerk auf die Wirtschaftsstabilität unter gleichzeitiger Beachtung der Finanzstabilität von Staatshaushalten oder auch im Finanzsektor gelegt werden. Dies ist unbestritten eine Herausforderung, welche nur mit Augenmaß und über die Zeitschiene gemanagt werden kann.

Ob sich die Weltwirtschaft in einem Abschwung oder gar bereits in einer Rezession befindet, wird derzeit unter den Notenbankern, Volkswirten und Analysten sehr konträr diskutiert. Dies ist und bleibt für die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte und die Ausrichtung der Portfolien sehr wahrscheinlich aber von großer Bedeutung. Per Definition befindet sich eine Region oder Volkswirtschaft in einer Rezession, wenn das Wachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ein negatives Vorzeichen hat. Dies trifft derzeit zumindest für Deutschland zu. Ob es sich hierbei nur um eine technische Rezession handelt oder nicht, spielt auf mittelfristige Sicht keine größere Rolle.

Bei globalerer Betrachtung ist bemerkenswert, dass die Arbeitslosigkeit in weiten Teilen der westlichen Welt auf dem tiefsten Stand seit mehreren Jahrzehnten verharrt. Deshalb dürfte es bislang auch nicht zu einem starken Rückgang der Konsumausgaben gekommen sein.

In der für den deutschen Export so wichtigen Eurozone bewegt sich die Beschäftigung auf einem 30-Jahreshoch und die OECD prognostiziert für dieses Jahr sogar ein Wachstum von 0,9 %. Da in einer Rezession beide Daten erfahrungsgemäß deutlich schwächer ausfallen, erwarten wir zumindest für die USA, Europa und Deutschland keine tiefe oder gar anhaltende Rezession! Mit der Verlagerung der Aufmerksamkeit von den Notenbankzinsen auf das Timing eines unverändert denkbaren Abschwungs könnten die Kapitalmärkte in der 2. Jahreshälfte von einer ansteigenden Volatilität begleitet werden. Für die nächsten Monate werden die Resilienz und die langfristigen strukturellen Wachstumschancen im Vordergrund stehen. Starke Unternehmen aus dem gesamten Stilspektrum mit Schwerpunkt auf Qualität, Dividenden und langfristigen strukturellen Trends sollten beim aktuellen Umfeld unverändert Renditen über dem Geldmarktniveau abwerfen. Nach unserer Überzeugung werden die Notenbanken bei einem sich verschärfenden Wirtschaftsabschwung die Zinszügel weniger stark anziehen oder gar auf Sicht die Zinsschraube eher wieder lockern. Bekanntermaßen möchte die US-Notenbank nicht zum Steigbügelhalter eines zu wählenden US-Präsidenten mutieren und dieses Wahlevent wirft bereits jetzt einen langen Schatten.

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